Das Capitol ist mit seinen 700 Sitzplätzen aufgeteilt auf fünf Kinosäle das am längsten bestehende Kino in Jena. Das Personal rekrutiert sich aus sieben Festangestellten und zwölf Pauschalkräften, die überwiegend aus Studenten bestehen. Jana Hofmann hat den Chef des Capitols, Hans-Jürgen Schicht, gefragt, wie es mit dem Capitol weitergehen wird.
Ein Besuch im Capitol hat in Jena Tradition. Wird
dies auch weiterhin so bleiben?
Ich denke schon. Zum Jahreswechsel wurde das Capitol 70 Jahre
alt. Es steht unter Denkmalschutz. Unser Stammpublikum haben wir trotz der Eröffnung
des Cinestars behalten. Das hat mich sehr erfreut.
Wie sind Sie zum Film gekommen?
Ich habe über die technische Strecke den Weg gefunden. Ich war an
der Fachhochschule in Babelsberg. Das ist eine Fachschule. Dort habe ich auch
den Meister gemacht. Danach habe ich ein Theaterleiterstudium absolviert. 1972
fing ich dann im Capitol als Voluntär an. Dann war ich Werkstattleiter
und technischer Revisor. Nach der Wende habe ich dann das Capitol
und Palastkino als Theaterleiter übernommen.
Die Kinolandschaft in Jena weitet ihren Horizont. Im Dezember
hat am Holzmarkt Cinestar eröffnet. Wie sieht das der Chef
des ältesten Jenaer Lichtspieltheaters?
Ich sehe das gelassen. Wie gesagt, die Besucherzahlen sind kaum zurückgegangen.
Freitag und Samstag sind die Tage, an denen die meisten Besucher kommen. Da
müssen die Kino-Karten sogar vorbestellt werden.
Das Capitol hat bisher ein günstiges Preisniveau
halten können, für die Geldbeutel unserer Studenten erfreulich. Hoffentlich
wird sich dies absehbar nicht ändern?
Wir hatten schon höhere Preise in der Vergangenheit. Nach der Wende
war das Capitol ein Mehrzweckbau - halb Theater, halb Kino. Es musste
sehr viel investiert werden. Wenn man nicht unterstützt wird, muss man
nehmen, was man hat. Zum Glück ist nun aber alles abbezahlt, und so können
wir mit den Eintrittspreisen etwas zurückgehen. Montag bis Donnerstag sind
es 6,99 DM für Erwachsene und 5,99 DM für Kinder. Am Wochenende ist
noch der alte Preis von zwölf DM geblieben. Wir hatten über die Winterferien
eine Aktion gestartet mit fünf und sieben DM die ganze Woche über.
Das hat sich gut bewährt. Ich überlege, das öfter zu machen.
Gibt es Absprachen bezüglich der Filmvorführung zwischen
dem Capitol und dem Cinestar?
Nein. Aber ich muss ehrlich sagen, ich weiß nicht, warum nicht.
Es hat sich noch niemand gemeldet bei mir. Ich strebe ein freundliches Miteinander
an. Wir wollen doch alle überleben. Ich bin auch nicht neidisch. Es gibt
genügend Filme heutzutage. Wir können ja nicht alles, was auf den
Markt kommt, zeigen.
Der Trend geht bundesweit in vielen Universitäten in Richtung
alternatives Studentenkino. Könnten Sie sich vorstellen, für
das Capitol auch diese oder eine ähnliche Entwicklung anzustreben?
In Jena haben wir ja noch den Film e.V. in Jena Ost im Schillerhof, die
eine solche Strecke verfolgen. Dort werden überwiegend ältere Filme
gezeigt. Die Leute gehen wahrscheinlich öfter ins Kino. Ich sehe das anhand
unserer Stammbesucher, die auch den Film e.V. besuchen, obwohl er etwas abgelegen
ist.
Ausländische Filmproduktionen finden erfahrungsgemäß
mehr Resonanz beim Publikum. Was fehlt Ihrer Meinung nach dem deutschen Film?
Eigentlich gar nichts, würde ich sagen. Es gibt eine Menge guter
deutscher Filme: 23 oder Knockin on Heavens Door und so weiter. Aber es
existieren eben mehr ausländische Produktionen auf dem deutschen Markt.
Das ist das Problem. Wann haben Sie das letzte Mal eine französische, russische,
bulgarische oder ungarische Produktion gesehen? Das fehlt einfach.
Wie sieht das mit der technischen Ausstattung im Capitol
aus, im Vergleich zum Cinestar?
Von der technischen Seite sind wir gleichrangig. Wir haben im Prinzip
die gleiche Technik.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Welches Filmgenre
bevorzugen Sie selbst? Haben Sie einen Lieblingsschauspieler oder eine Lieblingsschauspielerin?
Ich persönlich mag eine gute Komödie. Zum Beispiel Vier Hochzeiten
und ein Todesfall. Das Leben ist schon traurig genug. Deshalb sehe ich mir gern
Komödien an. Auch Das Piano war ein guter Film, wenn er auch keine Komödie
war, oder Das Leben ist schön. Außerdem mag ich Annie Gerardot und
Philippe Noiret.
[JH]